„Der Stadtbus war für mich schon eine ganz besondere Chance!“

Stefanie Ihrig, Stadtbus-Managerin in Bruchsal von 2000-2019, blickt gern auf 20 Jahre Stadtbus „max“ in Bruchsal zurück

Der 9. September 2000 war der große Tag von „max“, dem Stadtbus für Bruchsal. An diesem Samstag wurde das Startfest zur Einführung des Stadtbusses gefeiert. Das Stadtbusjubiläum wurde 20 Jahre später pandemiebedingt im kleinsten Rahmen unter freiem Himmel auf dem Stadtwerke Betriebshof begangen. 2000 und 2020 mit dabei: Stefanie Ihrig.

??? Frau Ihrig, Sie waren 24 Jahre jung als Sie beim Stadtbus anheuerten. Was ermutigte Sie zu dieser „Herkulesaufgabe“?
S.I. Ich hatte als Verkehrsbetriebswirtin zunächst eine fachfremde Stelle in Heilbronn angetreten. Dann sah ich die Stellenanzeige für das Stadtbusmanagement. Das war genau mein Ding! Und bei einem Neuanfang dabei sein zu können, war schon eine ganz besondere Chance!

??? War der Job der berühmte Sprung ins kalte Wasser?
S.I. Als Leiterin für Off-Air-Veranstaltungen bei einem regionalen Radiosender war ich das Organisieren, spontane Änderungen und die Leitung eines Teams gewohnt. Durch Praxissemester und meine Zeit beim KVV in Karlsruhe kannte ich mich bestens in dessen Netz und Tarifsystem aus.

??? Wer saß namentlich bei den Vorbereitungen mit „im Bus“?
S.I. Zu Beginn waren Dr. Frank Gericke von Modus Consult und seitens RVS Werner von der Ahe als Betriebsleiter mit dabei. Die Herren Kauther und Willmann saßen anfangs mit im Stadtbusbüro und waren für die Abläufe vor Ort und die Fahrer zuständig. Mit Klaus Ferwagner hatten wir immer einen Fahrdienstleiter, Notfallkoordinator, Fahrer für Notfälle und Sonderfahrten im Büro. Natürlich waren Peter Solberg als Geschäftsführer der Stadtbusverkehr Bruchsal und Sonja Vogt als Beraterin, Kundenservicefrontfrau und diejenige, die die Abrechnung mit KVV und intern vornahm, mit von der Partie. Nebenbei bemerkt hatten wir zu Beginn nur die eine Hälfte des Büros. Hier spielte sich der gesamte Betrieb inklusive der Fahrer-Pausen ab. Es war teilweise sehr laut und trubelig, aber „scheee“!

??? Gab es „Vorbilder“ für den Bruchsaler Stadtbus, oder mussten Sie bei null anfangen?
S.I. Man hatte sich – lange vor meiner Zeit – in Bad Salzuflen, Lemgo und St. Ingbert Stadtbussysteme mit Rendezvous angeschaut.

??? Welche Eindrücke sind Ihnen vom Startfest in Erinnerung geblieben?
S.I. Das Startfest habe ich als sehr knappe Kiste in Erinnerung. Noch wenige Tage vorher wurde mit Hochdruck an der Fertigstellung des Pflasterbelages gearbeitet. Der Rüttler war im Dauereinsatz. Die Veranstaltung selbst habe ich nicht direkt mitbekommen – ich war dafür zuständig, die Künstler mit zu takten und die Gage auszuzahlen. Eigentlich bin ich an diesem Tag nicht hinter meinen Schränken hervorgekommen.

??? Mit welchen Emotionen sind diese auf ewig verbunden?
S.I. Die Eindrücke sind: Man kann irgendwie alles schaffen, wenn das Team gut zusammenarbeitet, jeder auf den anderen achtet und respektiert, aber auch, falls nötig, gut im Improvisieren ist.

??? Den Jubel haben die Menschen beim Startfest und an diversen Stadtbus-Geburtstagen mit Ihnen geteilt. Was haben die Stadtbusnutzer/innen von Ihren täglichen Aufgaben nicht mitbekommen, das selten Grund zum Jubeln bot?
S.I. Man glaubt es gar nicht, wie viele Festchen oder Demonstrationen auf den öffentlichen Straßen stattfinden –. Diese bedeuten dann immer einen Riesenaufwand an Umleitungen und deren Kommunikation an die Nutzerinnen und Nutzer. Es gab auch immer wieder Beschwerden, die mit etwas logischem Nachdenken keine gewesen wären – beispielsweise wegen verspäteter Busse oder ausgefallener Fahrten bei Glatteis oder Hochwasser in der Siemens-Unterführung.

??? Wie kam der Stadtbus zu seinem Namen?
S.I. Im Vorfeld zum großen Startfest brachten wir 7 Stadtbuszeitungen heraus, in denen sukzessive das Konzept erläutert wurde. In einer der Zeitungen gab es dann ein Gewinnspiel, bei dem man den Namen vorschlagen konnte.

??? Welche Kinderkrankheiten musste „max“ durchstehen?
S.I. Gleich kurz vor der Einführung wurde die Einführung der Linie 184 West II / Am Mantel beschlossen. Und knapp ein halbes Jahr nach dem Start fuhren wir schon mit der Linie 181 tiefer in die Südstadt. Darüber hinaus haben sich nach einigen Monaten die Mercedes-Benz Cito-Busse als sehr störanfällig erwiesen. Da ging gefühlt alles kaputt, was an einem Bus kaputt gehen kann.

??? Wo lief es von Anfang an wie am Schnürchen?
S.I. Im Stadtbusbüro!! Sonja Vogt hat zusammen mit den Herren vorne an der Theke einen prima Service angeboten und mit Engelsgeduld alles erklärt sowie die eine oder andere Beschwerde entgegengenommen.

??? Welche Dinge oder Situationen im „Leben“ von „max“ sind Ihnen bis heute angenehm in Erinnerung geblieben?
S.I. Es gab gerade unter den regelmäßigen Fahrgästen…, ich glaube, man kann es schon Freundschaften nennen. Auch wir im Büro wurden von den einen oder anderen Fahrgästen immer gerne besucht. Bei den Fahrern sah es ebenso aus.

??? Woran im Stadtbus-Kontext lassen Sie beim besten Willen kein gutes Haar?
S.I. Falschparker – und damit unnötige Verspätungen mit entsprechendem Ärger waren – und sind wahrscheinlich auch heute noch – absolut entbehrlich!!

??? Als berufstätige Mutter von zwei Töchtern und einem Familien-Hund: Wie war das Stadtbusmanagement mit der familiären Rolle als Mutter und Mädchen für alles vereinbar?
S.I. Das ging eigentlich ganz gut. Mein Mann war es schon von der vorherigen Stelle und auch aus den Praxissemestern gewohnt, dass ich manchmal keinen Feierabend kenne, wenn es wichtig ist. Da habe ich halt kurz vor Fahrplanwechsel schon auch von der heimischen Terrasse aus telefoniert und Fahrplandruck, Liniennetzdarstellung und Stelen-Zusammensetzung gemanagt.

??? Wie bewegen Sie sich privat am liebsten: zu Fuß, mit (E-) Kickboard, (E-) Fahrrad, (E-) Roller, (E-) Auto oder mit dem ÖPNV?
S.I. Ganz ehrlich, wenn ich in die Stadt will zum Bummeln oder in die Bücherei, zum Frisör oder für kleinere Einkäufe, nehme ich am liebsten den Bus. Dann finde ich das Auto recht nervig. Aber für zwei Teenies Essen einzukaufen, bedeutet immer riesige Mengen an Joghurt, Milch und so weiter. Das wiegt mir dann zu viel zum Schleppen. Das wird dann mit dem Auto erledigt.

??? Würden Sie Ihr Wirken in Bruchsal für den Stadtbus beschreiben – rundum erfolgreich oder eher weniger von Erfolg gekrönt?
S.I. Tja, er ist sehr gut gestartet… Da liegen die Wurzeln vor meiner Zeit. Dann kamen leider die Sparmaßnahmen nach und nach. Da habe ich, denke ich, schon meinen Teil dazu beigetragen, den Bus trotzdem noch attraktiv zu halten. Und gerade in den ersten Jahren haben wir ja viele Werbemaßnahmen gemacht – die sind teilweise auch meinem Geiste entsprungen. Auch die Überdachung mancher Haltestelle ging auf meine Vorschläge
zurück.

??? Kommen Sie noch ab und zu nach Bruchsal?
S.I. Ich gebe zu, dass ich seit langem nicht mehr in Bruchsal war. Es ist von meinem Wohnsitz aus tatsächlich sehr ungünstig zu erreichen.

??? Was machen Sie heute beruflich?
S.I. Ich bin derzeit Mobilitätsmanagerin und befasse mich mit allen Formen der Mobilität. Aktuell lasse ich ein Radverkehrskonzept erstellen.

??? Welche Antwort hätten Sie gern gegeben, auf eine Frage, die ich gar nicht gestellt habe?
S.I. „Vermissen Sie etwas?“ – Ja, die Kollegialität, die im Stadtbusbüro über lange Jahre gelebt wurde, den Buslärm, den Dieselgeruch und den Kontakt mit den Fahrerinnen und Fahrern.

Kategorie: Aktuelles Allgemein, Aktuelles Stadtbus, Topnews
Datum: 28. Juli 2021
Autor: Stefanie Ihrig + Thilo Wüstenhagen