E-Rollersharing-System „moritz“ diese Saison nicht am Start

Ausgaben für den E-Roller kommen im Zuge notwendiger Einsparungen auf den Prüfstand

Fast auf den Tag genau fünf Jahre ist es her, seit der E-Roller „moritz“ in Bruchsal aus der Taufe gehoben wurde. Heute ist es für die Stadtwerke Bruchsal an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Ein Blick zurück mit gemischten Gefühlen und einer klaren Entscheidung.

In Erinnerung geblieben ist eine beeindruckende Auftaktveranstaltung am 27. März 2019, als alle seinerzeit 21 E-Roller vom Betriebshof der Stadtwerke Bruchsal durch die Siemens-Unterführung, über die Kaiserstraße auf den Marktplatz ausschwärmten und sich publikumswirksam vor dem Rathaus versammelten. Trotz der allgemeinen Aufmerksamkeit, welche dem retroblauen Roller in Bruchsal und den Umlandgemeinden auch dank der begleitenden Werbemaßnahmen zuteilwurden, blieb ihm über die Jahre der große Zuspruch verwehrt. Die Meinung der Bruchsaler, die man allenthalben anlässlich Verkaufsoffener Sonntage, auf Messen sowie bei anderen Veranstaltungen oder Gelegenheiten zu hören bekam: „In Bruchsal kann man eigentlich alles zu Fuß erreichen!“

Besonders in den ersten beiden Jahren kam ein unerwartetes Vandalismus-Problem hinzu: Die Roller wurden mutwillig beschädigt, verschoben oder gar durch Versenken im Saalbach komplett zerstört. Die ältere Generation fühlte sich an die Vespa-Roller mit Zweitaktmotor ihrer Jugend erinnert, als man selbst noch „halbstark“ unterwegs war, und wollte immer wissen, ob man die Roller auch kaufen könne. Die Idee des Sharings, also der geteilten Nutzung von Fahrzeugen zum Wohle des Klimas, war nicht jedermanns Sache. Die Idee von „max“ und „moritz“, als dem fehlenden Teil im Mobilitäts-Puzzle in Ergänzung zum Stadtbus „max“ verfing offensichtlich nicht.

Das mit viel Aufwand vor fünf Jahren eingeführte E-Rollersharing-System „moritz“ kommt darüber hinaus unter kaufmännischen Gesichtspunkten nicht gut weg. Auf der Ausgabenseite stehen die Positionen Leasing, Werbung, Akkutausch, Wartung, Instandhaltung, Internetpräsenz, App, Service-Hotline, Free Floating Zone, Administration und vieles mehr, was insgesamt einen sechsstelligen Betrag erforderlich machte. Dem gegenüber stehen Einnahmen in fünfstelliger Höhe, die nicht annähernd kostendeckend waren.

Erschwerend kamen zwei Pandemiejahre hinzu, welche den Nutzerzahlen und damit auch den verbundenen Fahrten mindestens abträglich waren. Die mehrfach nach Bedarf angepasste Free Floating Zone oder die stetige Weiterentwicklung des Angebots in Bezug auf Nutzergruppen, extra geschnürte touristische Pakete für Bruchsal-Besucher oder Firmen in Form von Ausflugsfahrten, änderten nicht wirklich etwas.

Mit dem Geschäftsführerwechsel kam das E-Rollersharing-System „moritz“ zeitnah und ohne lange Diskussionen auf den Prüfstand. Fazit: Der E-Roller „moritz“ bleibt dieses Jahr auf dem Betriebshof! – In der Zwischenzeit werden die Stadtwerke nach einer sinnvollen weiteren Verwendungsmöglichkeit der verbliebenen 20 Roller suchen. 2023 wird Bruchsal im Stadtbild auf das Retroblau der Farbpalette verzichten müssen.

Kategorie: Aktuelles Allgemein
Datum: 6. April 2023
Autor: Thilo Wüstenhagen