„Für eine Entwarnung in der Energiekrise ist es noch zu früh“

VKU mit Überblick zur aktuellen Lage und Einschätzung der künftigen Entwicklung

Energiekrise! Welche Energiekrise? Ungewöhnlich milde Temperaturen, eine moderate Nachfrage, sehr gut gefüllte Gasspeicher, geringe Verbräuche und die Inbetriebnahme des ersten deutschen LNG-Terminals in Bremerhaven haben bewirkt, dass die Gaspreise im Großhandel zuletzt gesunken sind.

Doch trotz positiver Entwicklungen auf den Energiemärkten sind weiterhin Vorsicht und Energiesparen angesagt. Nach Einschätzung von VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing ist die erfreuliche Entwicklung der Gas- und Strompreise lediglich eine Momentaufnahme, die Energiekrise damit noch nicht überwunden. Liebing mahnt weiterhin zur Vorsicht und zum Energiesparen: „Für eine Entwarnung ist es noch zu früh.“

Die Preisrückgänge im kurzfristigen Stromgroßhandel, dem sogenannten Spotmarkt, sind hauptsächlich auf die konservative Beschaffungsstrategie der Stadtwerke zurückzuführen, für die nicht der kurzfristige Profit, sondern die Versorgungssicherheit der Bevölkerung oberste Priorität hat. „Die Kurzfristmärkte spielen für die Beschaffung der Stadtwerke eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, erklärt Liebing, denn sie kaufen Energie stetig auf Termin für die Zukunft ein.“ Daher sei bei den Verbraucherpreisen vorerst auch nichts von den Preisrückgängen zu spüren. Ihren künftig erwarteten Energiebedarf kaufen Energieversorger in vielen kleinen Teilmengen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein. Die bewährte Beschaffungsstrategie schützt die Energiekunden vor großen Preissprüngen, sie federt Preisspitzen ab und streckt Preissteigerungen zeitlich.

Beschaffungsstrategie schützt vor extremen Preisschwankungen

Gerade in der Energiekrise hat sich diese Beschaffungsstrategie von Stadtwerken und kommunalen Energieversorgern bewährt. „Wenn Stadtwerke stattdessen immer aktuell einkaufen würden, hätten Verbraucherinnen und Verbraucher im vergangenen Jahr ein Vielfaches der auf den Strom- und Gasrechnungen ausgewiesenen Preise bezahlen müssen“, so Liebing. Und das wäre auch aktuell der Fall, denn „derzeit profitieren Kundinnen und Kunden unverändert von den bedeutend günstigeren Preisen der zurückliegenden drei Jahre vor der Energiekrise.“ Das heißt für die Endkunden, „erst wenn sich günstige Preise auch wieder am Terminmarkt beständig durchsetzen, wird das in der Folge die Verbraucherpreise senken.“

Die große Unsicherheit auf den Energiemärkten wirkt sich zusätzlich auf die Preise aus. Für die Stadtwerke wie auch alle anderen Energieeinkäufer gilt: Je unbeständiger die Märkte, und sprunghafter die Preise sind, desto höher sind die geforderten Sicherheitsleistungen, die sie beim Gas- und Stromeinkauf gewähren müssen. Damit sichert die Börse die Vertragsparteien gegen mögliche Ausfallrisiken ab. Bei sinkenden Marktpreisen müssen an der Börse vor allem die Energiekäufer Sicherheiten stellen. Aber auch in der außerbörslichen Beschaffung fordern Verkäufer zunehmend Sicherheiten von den Stadtwerken.

Der Staatseinstieg bei Uniper sei richtig gewesen, sagt Liebing: „Indem der Bund die Handlungsfähigkeit des Unternehmens sichert und Gaspreise auf der Importstufe stützt, schützt er auch die Endkundinnen und Endkunden.“ Zugleich kritisiert Liebing, „dass Uniper als Staatskonzern dennoch erhebliche Sicherheitsanforderungen an die Energieunternehmen stellt und damit die Energiepreise treibt!“ Das sei in der aktuellen Situation absurd.

Bereits im Sommer 2022 hat der VKU darauf hingewiesen, dass die bisherigen Preisanpassungen aufgrund der langfristigen Beschaffung durch die Stadtwerke moderat ausgefallen sind und Preisanpassungen bevorstehen. Dies war auch der Hauptgrund für die Ende 2022 beschlossenen Energiepreisbremsen.

Energieangebot mit neuen Anlagen steigern

Die Preisentwicklung für Energie wird auch davon abhängen, wie sich der Krieg in der Ukraine entwickelt. Deutschland wird zwar in absehbarer Zeit den Wegfall des russischen Gases kompensieren können, der damit verbundene Umbau der Infrastruktur ist allerdings zeitintensiv und mit hohen Kosten verbunden. „Grundlage für niedrige Energiepreise ist ein großes Energieangebot“, sagt Liebing. Deshalb müssten die erneuerbaren Energien massiv und schnell ausgebaut werden. „Und wir brauchen weiterhin regelbare Transformationskraftwerke, die flankierend zum Ausbau von erneuerbaren Energien für eine sichere Stromversorgung sorgen“, so Liebing.

Hoher Beratungsbedarf in Servicecentern

In den Servicecentern der Stadtwerke herrscht währenddessen ein anhaltend hoher Beratungsbedarf. Im Mittelpunkt stehen Fragen zur Gas- und Wärme- sowie zur Strompreisbremse. Die Preisbremsengesetze lassen derzeit keinen Spielraum für individuelle Lösungen. Stadtwerke und kommunalen Versorger müssen sich an die gesetzlichen Vorgaben halten, die den Handlungsrahmen definieren. „Gerade in Bezug auf Vergünstigungen für die Verbraucher haben die Preisbremsengesetze strenge Vorschriften und engen den Spielraum der Versorger ein. Damit soll Missbrauch verhindert werden“, so Liebing.

In diesem Zusammenhang betont der VKU, dass die Behörden ausreichende Befugnisse haben, um ein missbräuchliches Verhalten zu untersuchen und zu ahnden. „Aus Sicht der Stadtwerke sollte diese Aufsicht auch wahrgenommen werden“, so Liebing. Die Herausforderungen der kommunalen Energiewirtschaft würden eher im erneuten Aufkommen der Billiganbieter liegen, die Phasen fallender Preise erneut nutzen könnten, um Kunden mit nicht abgesicherten Angeboten anzulocken.

Kategorie: Aktuelles Allgemein
Datum: 25. Januar 2023
Autor: Artikel: VKU (red. tw|SWB)