Klassenfahrt durch Bruchsaler (Wahl-) Heimat im Wandel der Zeit

Stadtbus-Stadtrundfahrten für die Bewohner des Ev. Altenzentrums feierten zehnjähriges Jubiläum

Bruchsal, 10. Oktober, 9 Uhr. Die Huttenstraße glänzt noch vom Regen. Die Bewohner des Ev. Altenzentrums (EAZ) warten im Schutz der gläsernen Eingangstüren auf den Stadtbus. Der ist laut Display auf Sonderfahrt unterwegs: Aktuell stehen die jährlichen Stadtbus-Stadtrundfahrten auf dem Fahrplan. Erkennbar an der ungewöhnlichen „Haltestelle“ Huttenstraße 47a oder den heutigen Fahrgästen – allesamt Bewohner/innen des EAZ. Sie sind altersbedingt meist auf Gehhilfen, Rollatoren oder Rollstühle angewiesen. Das schränkt die Fahrt mit dem Stadtbus trotz Niederflurigkeit und MediRampe ein, macht sie aber nicht unmöglich. Vor dem Start findet eine Art „Klassentreffen“ statt: EAZ-Leiter Dr. Christian Waterkamp begrüßt Gertrud Brückmann, ehrenamtliche Stadtführerin, Margarete Renius, EAZ-Heimbeiratsvorsitzende, Marc Duttenhofer, EAZ-Pflegedienstleiter, sowie die teilnehmenden Fahrgäste. Premiere im Rahmen der Sonderfahrten durch Bruchsals Historie feiert Karina Stober-Voigt, Teamleiterin Fahrdienst DB-Regio Bus Bruchsal. Bevor es auf eine der beiden Fahrten geht, tauschen die Heimbewohner/innen mit Unterstützung des Pflegepersonals Rollator und Rollstuhl gegen die bunt gemusterten Bussitze. Im Bus begrüßt sie der EAZ-Chef und umschreibt humorvoll die Situation der Menschen, die im Herbst ihres Lebens angekommen sind, und die Hoffnung, die uns allen gemein ist: „Dass wir dem Himmel etwas näher sind, ist bekannt. Dass der Himmel über Bruchsal aufreißt und uns aufs Neue sonnig grüßt, erfreut uns!“ Kaum ist der Bus startklar, strahlt die Sonne freundlich durch die Wolkendecke. Schnell ist die Redensart zu hören: „Wenn Engel reisen, lacht der Himmel.“ Stadtführerin Brückmann widmet sich mit kräftiger Stimme der „Prachtstraße Huttens“, der selbsterklärenden „Seilersbahn“, der abwechslungsreichen Geschichte von Bürgerpark und „Bergfried“, ältestes noch erhaltenes Gebäude Bruchsals von 1358, einst Teil des „Alten Schlosses“. Mit der Bedeutung der Ansiedlung des (Mode-) Kaufhauses JOST für die Stadt springt sie situationsbedingt zwischen den Jahrhunderten, hat stets eine passende Anekdote parat. Vorbei an der Redaktion der Bruchsaler Rundschau („BNN“) geht es hoch in den Mozartweg mit Blick auf das einstige „Zuchthaus“, die JVA, im Volksmund ob ihrer Form auch „Café Achteck“ genannt. Zurück führt die Fahrt vorbei am „Gasthaus zum Bären“ wo sich dereinst die Badischen Revolutionäre trafen, weiter durchs Damianstor, mit Blick auf das nach seiner Zerstörung – nur aufgrund einer Stimme Mehrheit – originalgetreu wiederaufgebaute Barockschloss. Hier macht der Bus einen längeren Halt, um die Kontemplation des Schlosses zu ermöglichen. Wie bei einer Klassenfahrt beschwert sich ein Bewohner auf der hintersten Bank, er höre rein gar nichts von Frau Brückmanns Ausführungen. Bezeichnenderweise „schwätzt“ er die ganze Fahrt über mit seiner Banknachbarin… Das heutige Finanzamt war einst ein Spital, an dem Hebammen ausgebildet wurden. Durch die Wilderichstraße geht’s weiter in die Zollhallenstraße. Die Räume der Zollhalle beherbergen heute ein Fotostudio und ein Outdoor-Bekleidungsgeschäft. Durch den Siemenskreisel führt die Fahrt vorbei am Europaplatz, Cineplex Kino, Bahnhof, Luisenpark, an Lutherkirche, Friedrichsplatz und Friedrichstraße. Nächster Halt: Feuerwehrhaus bzw. ehemaliger Standort der Synagoge. Margarete Renius berichtet, dass sie als Kind mitansehen musste, wie die Synagoge niederbrannte. Gertrud Brückmann nimmt ganz aktuell Bezug auf den Neubau des Feuerwehrhauses an der B35 und den laufenden Wettbewerb zur Wiederbebauung des ehemaligen Synagogen-Areals in der Friedrichstraße. Nach der nachdenklicheren Kost geht es weiter durch die Stadtgrabenstraße, entlang des Saalbachs. Das Viertel wurde „Klein Venedig“ genannt, weil die Häuser im Prinzip ins Wasser gebaut sind. Hier darf natürlich die einstige Funktion des Bachs als zeitgenössischem Entsorgungsweg für Küchenabfälle und Exkremente nicht fehlen, die heute noch für Lacher sorgt. Über die Durlacher Straße, vorbei an der „großen Brücke“, die Württemberger Straße mit Blick auf die kleinen Gassen der „Obervorstadt“ führt die Rundfahrt über die Hans-Thoma-Straße, erstmals Steighohle und Adolf-Bieringer-Straße. Der Panoramablick über die Stadt und die barocke Peterskirche krönt die Fahrt, bevor es heim in die Huttenstraße geht.

Initiatoren dieser besonderen Stadtrundfahrten mit Stadtbus „max“ waren anlässlich dessen zehnjährigen Geburtstags die unvergessene externe EAZ-Heimbeirätin Ulrike Bauchert, Dr. Christian Waterkamp und Peter Solberg, der damalige Stadtwerke-Geschäftsführer und Gründer der Stadtbusverkehr Bruchsals GmbH. Von Anfang an mit dabei: Margarete Renius, seinerzeit stellvertretende EAZ-Heimbeirätin, Gertrud Brückmann mit der Stadthistorie in der Westentasche sowie meistens Klaus Ferwagner, mittlerweile pensionierter Stadtbus-Fahrdienstleiter, oder vertretungsweise Thomas Helwig. Ganz nebenbei stand ihnen Karina Stober-Voigt, die Frau im Buscockpit, in nichts nach: Sie lenkte den Stadtbus erwartungsgemäß sicher durch die teils recht eng zugeparkten Straßen Bruchsals.

Kategorie: Aktuelles Allgemein
Datum: 11. Oktober 2019
Autor: Pressemitteilung der Stadtwerke Bruchsal GmbH